...ist eine Neugründung der Waldenser und liegt zwischen Wäldern und
Obstwiesen an der Straße von Ölbronn nach Knittlingen im nördlichen Enzkreis. Der
Ortskern lehnt sich an einen Hang nach Osten an, und die Häuser stehen mit dem Giebel zur
schnurgerade verlaufenden Hauptstraße. 1699 sollten ursprünglich 379 Flüchtlinge aus
Villar Perosa im Chisonetal in der colonie de villars an der Stelle, wo heute Großvillars
liegt, angesiedelt werden. Aber den Oberderdingern war die Anzahl der Fremden in der
Nachbarschaft zu groß, und so entstand südlich von Knittlingen auf der Markungsgrenze zu
Ölbronn die Siedlung Petit Villars. Nach einer Einwohnerliste aus dem Jahr 1700 lebten in
dieser Siedlung 90 Personen. Obwohl Kleinvillars von der Gründung bis zur Eingemeindung
nach Knittlingen im Jahr 1972 eine selbständige Gemeinde war, bekam es erst 1831 eine
eigene Gemarkung. Vor allem Ölbronn und Ruit waren bereit, Teilgebiete abzutreten. Heute
zählt Kleinvillars als Stadtteil von Knittlingen mit den zwei Neubaugebieten Waldsiedlung
und Hanfländer 475 Einwohner. Es gibt im Ort keine Industrie. Neben einigen wenigen
Goldschmiede- und Kunsthandwerkbetrieben sowie kleineren Fuhrunternehmen ist die Struktur
des Dorfes stark landwirtschaftlich geprägt. Hier zeichnet sich ein starker Trend zum
ökologischen Landbau mit Selbstvermarktung ab. Einige haben sich auf Viehhaltung oder
Tabakanbau verlegt. Andere betreiben nach wie vor Weinbau in kleinerem Rahmen an
Ölbronner und Knittlinger Rebhängen. Dadurch ist es auch möglich, daß ein Landwirt
eine Besenwirtschaft betreibt. Der Weinanbau auf den Flächen der eigenen Gemarkung wurde
um die Jahrhundertwende möglicherweise wegen Rebkrankheiten oder Frostlagen eingestellt.
Die Grundstücke wurden mit Obstbäumen bepflanzt. Leider gibt es in Kleinvillars keine
Gastwirtschaft mehr, aber glücklicherweise ist noch ein Lebensmittelgeschäft vorhanden.
Ansonsten ist Kleinvillars ein von seinen Einwohnern geschätzter Wohnort.
Die jetzige Kirche stammt aus dem Jahr
1872. Sie steht auf demselben Grundstück, auf dem früher die kleinere Vorgängerkirche,
der sogenannte "Tempel", stand, nur einige Meter weiter von der Straße
ent-fernt. Mit dem Bau der ersten Kirche wurde 1714 begonnen, 1721 war sie nach großen
Schwierigkeiten fertiggestellt. Erst im Jahr 1737 konnte sie dann zusammen mit den Glocken
eingeweiht werden. In dieser Kirche wurde bis 1828 von Pfarrer Daniel Mondon -
gleichzeitig Pfarrer von Großvillars - französisch gepredigt, da er die deutsche Sprache
nicht beherrschte. Die heutige Kirche wurde in den sechziger Jahren innen renoviert. Sie
ist hell und einfach gehalten. Im Chorraum steht ein einfacher Steintisch als Altar, auf
dem die Bibel, aber keine Kerze und kein Kruzifix zu finden ist. Das Waldenserwappen
befin-det sich an der Kanzel, und die wunderschönen Bleiglasfenster im Chorraum zeigen
u.a. im rechten Teil die Waldenser in ihrer Verfolgungssituation. Die Kirchenbücher mit
Eintragungen von Taufen und Eheschließungen bis 1827 liegen im Pfarramt von Großvillars,
während im Pfarramt Ölbronn schon für 1808 ein Familienbuch von Kleinvillars existiert.
Die Kirche aus dem Jahr 1872 ist im Vergleich zu den meisten Häusern des alten Ortskerns
relativ neu. Ein Teil der Häuser stammt noch aus der Zeit um 1720, als im Ort erstmals
von Knittlinger und Ölbronner Zimmerleuten Fachwerkhäuser erbaut wurden. Vorher gab es
nur Holzbaracken. Das kleine Haus der Lina Riexinger geb. Bouc im Oberdorf, Hauptstraße
40, entspricht noch am ehesten dem Original der ersten Häuser. Andere aus dieser Zeit
wurden durch Aufstockung, neue Fenster oder das Anbringen von wärmedämmenden Fassaden
stark verändert. Aus der Zeit um 1770 sind drei Gebäude zu erwähnen. Beachtenswert ist
zunächst das ehemalige Rathaus im Unterdorf, Hauptstraße 11, das nicht mit dem Giebel
zur Straße gebaut wurde. Es diente vor dem Bau des "alten Schulhauses" auch als
Schule mit Lehrerwohnung. Im Torbogen ist noch gut der Name des Erbauers Jean Blanc und
die Jahreszahl 1771 zu sehen. Schräg gegenüber steht das Haus von Karl Blanc,
Hauptstraße 10, das vor einigen Jahren sehr liebevoll renoviert wurde.
Im Oberdorf, Hauptstraße 31, befindet sich das neu
renovierte Haus der Familien Rudolf und Heinrich Hagmann. Alle drei Häuser zeigen ihr
ursprüngliches Fachwerk. Zudem sind an den Eckpfosten Inschriften in der okzitanischen
Sprache der Waldenser zu sehen. Die noch erhaltenen alten Bücher aus dem ehemaligen
Rathaus werden zur Zeit von einem Archivar gesichtet und sollen in einem eigens dafür
hergerichteten Raum in der alten Schule aufbewahrt werden. Das Andenken an die
waldensische Vergangenheit wurde in drei Theaterstücken, die von einer Kleinvillarser
Theatergruppe in den Jahren 1982-1989 erarbeitet und aufgeführt wurden, wieder
aufgefrischt und ins Bewußtsein nicht nur der Bevölkerung Kleinvillars, sondern der
ganzen Umgebung zurückgerufen. Die Titel der Stücke lauteten: "Die Welschen
kommen", "Die Welschen sind da" und "Die Glorreiche Rückkehr". Aus den Erlösen dieses Theaterspiels konnte der Brunneplatz in der
Ortsmitte mitgestaltet werden.
Durch Kleinvillars führt auch der Waldenserweg von Großvillars nach Schönenberg. Aus
neuester Zeit gibt es zur Ortsgeschichte eine Zulassungsarbeit zur ersten Staatsprüfung
für das Lehramt an Realschulen von Carolin Schmid aus Kleinvillars mit dem Thema
Gründung und Entwicklung der Waldenserkolonien in Württemberg nach 1699/70 am Beispiel
Kleinvillars. Diese Arbeit erscheint mir erwähnenswert und sehr gelungen. Ein Exemplar
davon liegt im Henri-Arnaud-Haus (Waldensermuseum) in Ötisheim - Schönenberg aus.